Mit zunehmendem Alter verändern sich unsere Persönlichkeitsmerkmale. Selbst wenn der Körper gesund bleibt, kann sich der psychische Zustand verschlechtern, was besonders für Angehörige spürbar ist. Manchmal verfallen ältere Menschen unter der Last der Probleme des Lebens in Apathie und eine ständig schlechte Laune.

Julia begann ihre Lebensfreude zu verlieren. Quelle: Pinterest

Julia wurde nicht nur in ihrer Familie respektiert, sondern auch bei der Arbeit - in der Schule. Und in den letzten drei Jahren begann sie nach Aussage ihrer Schüler und sogar einiger Lehrer, "aufzugeben". Sie war nicht begeistert, zur Arbeit zu gehen. Sie machte immer häufiger Fehler im Unterricht. Selbst im Lehrerzimmer versuchte sie, mit niemandem unnötig zu reden. Und wenn sie sich doch einmal auf ein Gespräch einlassen musste, gab es kaum mehr als Beschwerden von Julia.

Nicht, dass sich im Leben der Frau irgendetwas dramatisch verändert hätte, nein. Die gewöhnliche Scheidung, zwei erwachsene Töchter und der Alltag als Lehrerin. Es war, als ob die Person ersetzt worden wäre. Einige Lehrer versuchten zu helfen, aber es kam nichts dabei heraus. Die Lehrerin seufzte nur schwer, verdrehte die Augen und wandte sich von allen Hilfsangeboten ab. Das war's dann auch schon.

Die älteste Tochter, Ida, war die erste, die den Verdacht hatte, dass etwas nicht stimmte und beschloss, der Sache nachzugehen, koste es, was es wolle. Außerdem lebte sie allein und arbeitete. So konnte sie natürlich etwas mehr Zeit mit ihrer Mutter verbringen. Doch nach ihrem Gespräch wurde Idas Stimmung nur noch schlechter. Ihre Mutter beschwerte sich bei ihr über alles: Die Kinder bei der Arbeit gingen ihr auf die Nerven. Die Erwachsenen waren noch schlimmer. Das Leben scheint grau zu sein, niemand versteht es. Und du musst auch ins Dorf gehen und putzen. Außerdem gibt es am anderen Ende der Stadt einiges zu tun. Und so weiter und so fort.

So reiste Ida mehr als einen Monat lang durch die ganze Stadt, um die Launen ihrer Mutter zu erfüllen, und kehrte dann zu ihr zurück, um sich eine neue Portion Kritik und Vorwürfe einzuhandeln. Die junge Frau selbst wurde immer reizbarer, müder und nervöser. Sogar ihre Lieblingskatze hörte auf, sie zu streicheln. Und man sagt, dass Tiere als erste spüren, wenn in einem Menschen etwas nicht stimmt.

Die Frau konnte die ständigen Beschwerden nicht ertragen. Quelle: Pinterest

Als Helgas Telefon läutete, war sie gerade dabei, ihren Sohn zu füttern. Es war ihre ältere Schwester Ida. Sie klang müde und bat darum, sich etwas Geld zu leihen. Sie musste die Tapete im Zimmer ihrer Mutter neu tapezieren, und es waren nur noch ein paar Tage bis zu ihrem Gehalt. Es schien eine seltsame Bitte zu sein, aber die Stimme am Telefon sagte, es sei kein Scherz.

Julias jüngere Tochter hatte früh geheiratet, aber sie bereute es nicht. Sie hatte eine starke Familie, zwei kleine Kinder, und sie war immer sehr zuversichtlich in allem. Helga, die ihre Mutter schon lange nicht mehr gesehen hatte, erklärte sich bereit, ihrer Schwester etwas Geld zu leihen. Sie selbst beschloss jedoch, ihre Mutter zu besuchen und mehr zu erfahren.

Doch in der dicht verhangenen Wohnung sah Helga zwei gebeugte Frauen. Sie erkannte sie als ihre eigene Schwester und Mutter. Die Frauen blickten mit müden, eingefallenen Augen auf die Besucherin herab. Julia war die Erste, die seufzte. Ohne sie zu begrüßen, warf sie Helga vor, sie schon lange nicht mehr besucht zu haben. Sie hatte sich nicht mehr um sie gekümmert, nicht wie ihre ältere Schwester.

Dann schaltete sich Ida in den Monolog ihrer Mutter ein. Sie verurteilte Helga für das Gleiche und fügte nur noch hinzu, dass Helga jünger sei und sich deshalb eigentlich doppelt so viel für die Familie anstrengen müsste. Aber die jüngere Tochter öffnete nur schweigend die Vorhänge und ließ das Sonnenlicht in das staubige, dunkle Zimmer.

Ein neuer Blick auf die Situation in der Familie. Quelle: Pinterest

"Weißt du, Ida, ich glaube nicht, dass wir die Tapete hier austauschen müssen. Wir müssen sie nur sauber machen, dann wird sie schön sein. Es gibt keinen Grund, extra Geld auszugeben. Übrigens, warum siehst du so schlecht aus? Glaubst du, die Männer werden dich lieben, wenn du so geheimnisvoll aussiehst und Augenringe hast? Ida, bitte pass auf dich auf."

"Mama, was ist das? Überall in der Wohnung liegt Staub. Du lebst allein, hast du keine Zeit zum Aufräumen? Ida hat ihr eigenes Leben, da hilft auch kein Tapezieren. Noch mal: Was gibt's Neues? Ja, die Kinder sind langweilig, die Arbeit. Dann kannst du ja zu deinen Enkeln gehen. Sie sind auch Kinder, nur jünger, vielleicht bringen sie deine alten Gefühle zurück. Das ist auf jeden Fall besser, als zu Hause zu sitzen und über das Leben zu jammern."

Und dann drehte sich dieser dreiste und selbstbewusste Lichtblick in einem dunklen Reich einfach um und schlug die Tür hinter sich zu. Eine halbe Stunde, nachdem ihre älteste Tochter gegangen war, schaute sich die Frau um.

"Die Wohnung könnte wirklich eine Reinigung vertragen, ich muss aufräumen und mich für die Schule fertig machen."

Töchter sollen ihr eigenes Ding machen, und sie hat noch viele Schüler. Was ist nur in sie gefahren? Wahrscheinlich eine Krise in der Lebensmitte oder so etwas in der Art.